Allium cepa & Euphrasia
Nun ist wieder die Zeit mit den Pollen und den Niesattacken, den Triefnasen und den roten Augen gekommen. Heuschnupfen ist zwar grundsätzlich ein chronisches Geschehen, mit dem man sich an den Homöopathen des Vertrauens wenden sollte.
Zumindest akut können jedoch einige der Betroffenen durch eines der beiden Mittel, die ich heute vorstellen möchte, Linderung erfahren.
Es handelt sich um bekannte Heilpflanzen, die auch in der Phytotherapie (Pflanzenheilkunde) Verwendung finden: Allium cepa, die Küchenzwiebel, und Euphrasia officinalis, der Augentrost. Beide können Schnupfen und Augenreizungen beim Gesunden auslösen, und damit gemäß der Ähnlichkeitsregel auch heilen. Wohlgemerkt; beides sind keine „Heuschnupfen-Mittel“. So etwas gibt es in der klassischen Homöopathie nicht. Wie alle homöopathischen Arzneimittel können sie eine Vielzahl verschiedenster Erkrankungen heilen, wenn die Ähnlichkeit zwischen Krankheitssymptomen und Arzneimittelbild hinreichend groß ist. Für die Hausapotheke kommen hierbei sowohl der akute Heuschnupfen als auch grippale Infekte infrage. Damit die Ähnlichkeit in solchen Fällen leicht entdeckt werden kann, habe ich den aktuellen Artikel geschrieben.
Allium cepa
Jeder, der schon einmal Zwiebeln geschnitten hat, kennt die offenkundigsten Allium-cepa-Symptome: Augentränen und Fließschnupfen. Das Erkennungszeichen der homöopathischen Zwiebel sind dabei milde Tränen und ein wundmachendes Nasensekret (bei Euphrasia genau umgekehrt). Wenn ein Betroffener also bald nach Beginn des Schnupfens bereits wunde, rote und schmerzende Haut zwischen Nasenspitze und Oberlippe zu beklagen hat, ist das ein erstes Indiz für Allium cepa. Das dünne, klare Sekret fließt aus der Nase wie aus einem Wasserhahn. Es macht die Haut bei Berührung wund. Deswegen stopfen sich manche der betroffenen Patienten Watte in die Nase.
Niesen müssen die Erkrankten vor allem beim Betreten eines warmen Zimmers, wenn sie gerade von draußen kommen. Im Freien geht es ihnen generell besser (was bei normalem Erkältungsschnupfen häufig ist, bei Heuschnupfen aber eine überaus beachtenswerte Modalität darstellt). Blumenduft löst die allerschlimmsten Niesattacken aus (draußen wie drinnen).
Häufig ist der Schnupfen von einem Stirnkopfschmerz begleitet, der ebenfalls im Freien besser wird. Der Kopf fühlt sich an, wie mit Watte vollgestopft. Der Patient ist benommen und apathisch; er ist träge und hat eine ausgeprägte Abneigung gegen Arbeit. Am liebsten würde er schlafen, so müde fühlt er sich den ganzen Tag. Wenn er dennoch versucht zu arbeiten, muss er feststellen, dass er sich überhaupt nicht konzentrieren kann. Er ist zerstreut und evtl. auch schwermütig. (Das sind bekannte Nebenwirkungen von Antihistaminika, v.a. die Müdigkeit. Wenn der Patient solche antiallergischen Medikamente einnimmt, sind diese Symptome nicht verwertbar für die Mittelwahl.)
Die Tränen sind bei Allium cepa mild, das heißt, sie machen die Haut nicht wund. Was aber nicht heißt, dass die Augen reizlos bleiben. Die Augen sind rot und geschwollen, brennen und sind lichtempfindlich. Ein direkter (aber seltener) Hinweis auf Allium cepa ist das sonderliche Gefühl, „das Auge würde an einem Faden hängen“, oder „als würde ein Faden aus dem Auge herausgezogen“. Der Patient sieht schlechter, wenn er müde ist.
Euphrasia officinalis
Wie gesagt sind bei Euphrasia die Tränen scharf und wundmachend und der Schnupfen mild – ganz im Gegensatz zu Allium cepa. Die scharfen Tränen äußern sich im Ernstfall dergestalt, dass sie rote Striemen in die Wangen ätzen. Die Augen sind generell ernsthafter betroffen als bei Allium cepa. Am Anfang hat man ein Sandgefühl im betroffenen Auge, welches zu häufigem Blinzeln nötigt. Außerdem kann ein Juckreiz vorhanden sein, der durch Augenreiben kurzfristig gelindert wird. Die Augen sind entzündet mit brennenden oder drückenden Schmerzen. Sie tränen ununterbrochen, sind rot und geschwollen. Oft sieht man erweiterte Blutgefäße im Augenweiß. Der Patient ist sehr lichtempfindlich, v.a. am Abend und bei Kunstlicht. Besser geht es ihm, wenn er mit geschlossenen Augen liegt. Wenn er bei kaltem Wind draußen ist, tränen die Augen besonders schlimm.
Der Schnupfen hingegen ist mild, wenn auch reichlich. Auch der Euphrasia-Patient muss viel niesen. Sein Schnupfen quält ihn v.a. abends und nachts, da dann die Nase verstopft ist. Tagsüber neigt er eher zu Fließschnupfen. Gesellt sich ein Husten dazu, dann ist es genau umgekehrt: Der Husten ist tagsüber schlimmer; und besser nachts und im Liegen.
Sowohl das Augensekret als auch der Schnupfen können eitrig werden. (Wenn das unter laufender Gabe von Euphrasia passiert, dann heißt das, das Mittel hilft nicht ausreichend gut. Dann braucht es professionelle Unterstützung.)
Euphrasia ist auch ein wichtiges Akutmittel bei Verletzungen des Auges durch Fremdkörper oder ätzende Spritzer. Es gibt Euphrasia-Augentropfen, z.B. von Wala oder Weleda, die in jeder Hausapotheke vorhanden sein sollten. In Anbetracht der herausragenden Bedeutung unserer Sinnesorgane müssen wir in ernsthaften Verletzungsfällen aber schleunigst einen Arzt oder den Rettungsdienst konsultieren.
Sollte das eine oder andere Mittel bei Heuschnupfen oder einem grippalen Infekt über zwei-drei Tage keine Besserung gebracht haben, dann ist es Zeit für professionelle Unterstützung. Länger dasselbe Mittel zu nehmen bringt dann sehr wahrscheinlich auch keine Erfolge mehr (sondern nur noch Nachteile – dazu später mehr).
Einen beschwerdefreien Frühling & Sommer wünscht
Carolin Löwe