Alle, die die ersten beiden Teile dieser Artikel-Serie gelesen haben, haben verstanden, was mit "Unterdückung" gemeint ist, was daraus resultieren kann, und wie das am konkreten Beispiel aussehen kann. Selbst die erfolgreiche Aufhebung von unterdrückenden Maßnahmen wurde bereits gezeigt.
Nun bleiben nur noch die folgenden Fragen offen: Was kann noch alles Unterdrückung sein? Kann man auch homöopathisch unterdrücken? Und: Wie kann ich sichergehen, dass ich nicht unterdrücke, wenn ich mich oder meine Familie naturheilkundlich / homöopathisch behandle?
Weitere Beispiele für potenziell unterdrückende Behandlungen:
· Salben auf Hautausschläge:
· Cortison auf Neurodermitis
· Zinkoxid auf Wunden
· Schwefelpuder auf Akne…
· „Anti“-Behandlungen:
· Antibiotika (wörtlich: „gegen das Leben“)
· Antimykotika („gegen Pilze“)
· Antihypertensiva („gegen Hochdruck“)
· Antazida („gegen Säure“)…
· Unterbinden von Ausscheidungen & natürlichen Rhythmen:
· Antitranspirant (unterdrückt Schweiß)
· „die Pille“ (unterdrückt den weiblichen Zyklus)
· Östrogen-Gaben in den Wechseljahren…
· Verhinderung natürlicher Immunreaktionen:
· antientzündliche Mittel wie Paracetamol, Ibuprofen usw.
· Fiebersenkung
· Impfungen…
· Operationen, v.a. wenn Teile entfernt werden:
· Entfernung von Mandeln, Appendix („Blinddarm“) etc.
· „Total-OP“ bei Frauen („Die Gebärmutter brauchen Sie doch jetzt eh nicht mehr…“)
· Verschluss von Fisteln
· Veröden von Hämorrhoiden und anderen Krampfadern
· Entfernen von Warzen…
Homöopathische Unterdrückung
Selbst homöopathisch kann man prima unterdrücken, wie die sogenannten "homöopathischen" Komplex-Mittel zeigen. Von Zahnungsschwierigkeiten über Heuschnupfen oder Kopfschmerzen bis hin zu Husten und Schnupfen gibt es die unterschiedlichsten „homöopathischen“ Präparate, die oft über längere Zeit mehrmals täglich eingenommen werden.
Die sogenannten Komplexmittel werden aus mehreren Einzelmitteln zusammengemischt (und sind schon allein aus diesem Grund nicht homöopathisch im eigentlichen Wortsinn). Das heißt am Beispiel Zahnungsglobuli: Fünf verschiedene Einzelmittel, die unter anderem Zahnungsbeschwerden in ihrem Arzneimittelbild haben, werden zu einem Komplexmittel vermischt, und sollen nun für alle unterschiedlichen Zahnungsbeschwerden hilfreich sein. Oft sieht es auch so aus, als würde das recht gut funktionieren. Die Sache hat allerdings nicht nur einen Haken:
Beispiel Zahnungs-Globuli
Weit mehr als fünf Mittel kommen als individuell ähnlichste Arznei beim Zahnen infrage. Deswegen dürften die meisten der betroffenen Kinder von so einem "Zahnungs"-Mittel keine Linderung erfahren, wenn es nur einmal gegeben und selten in wohlüberlegten Abständen wiederholt wird (wie es den Regeln der klassischen Homöopathie entspricht). Diesem Problem wird durch die Standard-Verordnung „dreimal täglich fünf Globuli“ abgeholfen. Durch solch forcierte Gaben kann man jeden Organismus zu einer Reaktion zwingen – auch wenn keines der enthaltenen Einzelmittel wirklich ähnlich zum Zustand des Patienten ist.
Daraus ergibt sich nicht selten ein weiteres Problem: der Patient gerät in eine unfreiwillige Arzneimittel-Prüfung. D.h. er entwickelt Symptome, welche die gegebene Arznei hervorrufen und somit auch heilen kann. In Zahnungsglobuli ist meist Chamomilla enthalten. Dieses Mittel ist dafür bekannt, dass es eine ausgesprochene Reizbarkeit erzeugen (und heilen) kann. Viele der Kinder, die fortgesetzt diese Kügelchen bekommen, werden dann erst so richtig „ungenießbar“. Und weil einen darüber kein Apotheker aufklärt, denken die Eltern dann: „Es hilft noch nicht richtig, wir brauchen mehr davon.“ So schaukelt sich die Situation immer weiter auf, wo das Weglassen der Arznei doch oft schon erhebliche Besserung bringen würde.
Auch andere "Nebenwirkungen" (unfreiwillige Prüfungssymptome) kann ich oft beobachten: Die Kinder bekommen Durchfall, werden appetitlos, entwickeln Ängste, die sie vorher nicht hatten (vorm Alleinsein, vor Dunkelheit...), erleiden Rückschritte auf anderen Ebenen (motorisch, psychosozial...)
Das Zahnen war schon immer ein riesiges Thema, und vieles hat man sich einfallen lassen, um diese Phase zu erleichtern: Einreibungen, Bernsteinketten, Beißringe, Iris-Wurzeln usw. Früher wurde sogar das Zahnfleisch über dem durchbrechenden Zahn geritzt oder geschnitten, um den Durchbruch zu erleichtern. (nachzulesen u.a. in Hering´s Homöopathischem Hausarzt)
Letztlich muss jede Familie irgendwie da durch. Meine Empfehlung ist: Mindestens ein Elternteil sollte genug Zeit haben, um diesen Prozess geduldig zu begleiten, und notfalls tagsüber nachschlafen können. Außerdem hilfreich ist das "Mütter-Mantra": "Es ist nur eine Phase." Stress auf jeglicher Ebene verschlimmert.
Wenn das Kind neben den üblichen Beschwerden beim Zahnen ständig Infekte hat, einen Hautausschlag entwickelt, unter ernsthaften Verdauungsbeschwerden leidet... neue Symptome nach "Zahnungsglobuli" zeigt, ... ist eine konstitutionelle homöopathische Behandlung beim versierten Therapeuten angeraten.
Aber es hat mir doch geholfen!
Viele Patienten haben gute Erfahrungen mit dem einen oder anderen Komplexmittel gemacht. Dabei registrieren sie aber nicht die unterdrückende Kraft, die diese Mittel entfalten können. Z.B. hatte eine meiner Patientinnen eine Mandelentzündung selbständig ohne Rücksprache mit mir mit Tonsip... (einen häufig verordneten Komplexmittel) behandelt. Das ging sehr gut, sie war zufrieden. Allerdings bekam sie eine Woche später eine blutige Harnwegsentzündung, die antibiotisch behandelt wurde. Da das nicht ausreichend half, kam sie dann doch wieder zu mir und erzählte mir die ganze Geschichte. Nachdem wir die Blase in den Griff bekommen hatten, begann es wieder im Hals zu kratzen. Von Tonsip... und Co. hatte ich ihr mittlerweile strikt abgeraten; und siehe da: auch der Hals kam rasch wieder in Ordnung, ohne dass sie nochmal ein Mittel nehmen musste.
Regeln für die homöopathische Selbstbehandlung
- Behandeln Sie nur Verletzungen und akute Zustände selbst. Der dritte Schnupfen im Jahr ist kein akuter Zustand mehr, sondern verlangt nach einer konstitutionellen Behandlung der Infektanfälligkeit.
- Nehmen Sie immer nur ein gut gewähltes Mittel und warten die Reaktion ab, bevor Sie die Gabe wiederholen (keine Mittel-Mischungen, keine fortgesetzte Gabe über mehrere Tage ohne
Verlaufskontrolle)
- Da D3, D6 u.a. Tiefpotenzen nach häufiger Wiederholung verlangen, damit man überhaupt etwas von der Wirkung merkt, sollte man auf diese besser verzichten. Die Potenz C12 ist ein guter
Kompromiss: sie kann bei Einmalgabe eine erkennbare Wirkung produzieren, wenn das Mittel passt, macht aber auch keinen nachhaltigen Schaden, falls man falschliegt. Wenn die C12 hilft, aber nur
kurz, kann man im Anschluss die C30 von demselben Mittel geben.
- Um Prüfungssymptome zu vermeiden sollten Mittel-Wiederholungen stets aufgelöst in Wasser eingenommen werden (1. Gabe trocken ist ok).
- Wenn die ursprünglichen Symptome verschwinden, aber Schwerwiegendere auftauchen, ist man auf dem Holzweg. (z.B. Durchfall weg, aber Herzklopfen neu da) Spätestens dann darf das Mittel nicht
mehr wiederholt werden!!!
- Wenn das Mittel nichts tut, dann nimmt man es nicht weiter. Entweder es passt und tut ziemlich rasch etwas, oder eben nicht. „Viel hilft viel“ gilt hier nicht.
- Wenn Symptome nach der Besserung wiederkehren, nach neuer Gabe wieder kurz verschwinden, dann aber wiederkehren… usw. …dann passt das Mittel wahrscheinlich nicht ganz zum Fall (oder man
braucht eine höhere Potenz).
- Wenn sich nur ein Teil der Beschwerden gebessert hat, dann sucht man ein passendes Mittel für die Rest-Symptomatik, anstatt dasselbe Mittel weiterhin zu wiederholen.
Häufig wird es so sein, dass man nach einem Mittel aus der Hausapotheke keine Wirkung verspürt. Das ist in Anbetracht der vielen Ähnlichkeiten zwischen einzelnen Arzneimittelbildern völlig normal. (Die Trefferquote erhöht sich mit zunehmender Erfahrung. :) Der Fehler wäre dann nur, mehr von demselben Mittel zu nehmen. Die Wiederholung eines Mittels über mehrere Tage ist sehr selten angezeigt (es sei denn, man hat eine LM- oder Q-Potenz vom Homöopathen verordnet bekommen).
Symptome zu unterdrücken ist nicht per se „böse“. Manche Situationen erfordern die rasche Beseitigung von Symptomen. Man kann z.B. einen beginnenden Schnupfen mit Schüßler-Salzen unterdrücken, weil gerade eine Klassenfahrt ansteht, auf die sich das Kind schon lange freut. Es ist auch legitim, eine Schmerztablette zu nehmen, weil gerade kurz vor einer wichtigen Prüfung Kopfschmerzen auftreten. Deswegen will ich Ihnen hiermit auf keinen Fall ein schlechtes Gewissen oder gar Angst einreden. Mein Anliegen ist es, das Bewusstsein für medizinische Unterdrückungen bei möglichst vielen Menschen zu wecken.
Viele allopathische Ärzte stellen solche Betrachtungen nicht an. Für sie gilt eine Behandlung als erfolgreich, wenn die Symptome weg sind. Wenn derselbe Patient einige Zeit später mit neuen Symptomen kommt, wird viel zu oft kein Zusammenhang mit dem bisherigen Verlauf seiner Kranken- und Behandlungsgeschichte hergestellt. Schlimmer noch: wenn die ursprünglichen Symptome nur unter dauerhaft fortgesetzter Medikation wegbleiben (ansonsten aber wiederkommen), dann wird die Medikamentengabe häufig unreflektiert („alternativlos“ & „lebenswichtig“) weitergeführt; und für die neuen Symptome gibt es dann zusätzlich neue Medikamente. So landen nicht wenige von unseren Senioren bei 10 – 20 (und mehr!) Pillen & Kapseln pro Tag – die sie bis zu ihrem Lebensende einnehmen „müssen“. Dazwischen gibt es bei vielen noch die eine oder andere Operation, nach der dann wieder neue Langzeit-Medikamente unumgänglich sind. Um sich eine solche lukrative (für die Pharma-Konzerne) Patienten-Karriere zu ersparen, ist es wichtig, mit der Lebenskraft zusammenzuarbeiten statt gegen sie.
Wer sich nun gerne noch tiefgehender in diese Thematik einlesen möchte, dem empfehle ich das Buch „Die Reise einer Krankheit“ von Mohinder Singh Jus.